Vereins-Chronik

Die Gründungsidee: Turnverein Morschen

Friedrich Ludwig Jahn hatte zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Turnbewegung ins Leben gerufen. Gesellschaftspolitische Ziele standen eindeutig im Vordergrund der Turnväter der Anfangszeit. Deutschland bestand aus vielen Kleinstaaten und war durch Napoleon besetzt. Durch Stärkung der körperlichen und geistig-moralischen Kräfte der Jugend erhoffte man, die Fremdherrschaft abzustreifen und alle deutschen Länder zu vereinen.

Sehr zur Enttäuschung vieler, die diese Ideale verfochten, gingen das Königreich Preußen und andere deutsche Länder nach Beendigung der napoleonischen Fremdherrschaft entschieden gegen demokratische Bewegungen vor. Die Turnbewegung wurde als Keim revolutionärer Bestrebungen angesehen. Preußen erließ 1819 eine Turnsperre, die erst 1842 aufgehoben wurde.

Wicke’schen Gasthof: Gründung des Altmörscher Turnvereins „Gut Heil“

Hiernach verbreitet sich das Gedankengut von Turnvater Jahn noch schneller. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verstand man unter dem Begriff des Turnens zunehmend nicht mehr alle Leibesübungen, sondern vor allem das Geräteturnen. Pferd, Barren und Reck wurden die Standardgeräte der jungen Männer.

Zunächst vereinzelt, dann immer mehr zunehmend, entstanden vor Ort Turnvereine. Diese schlossen sich der 1868 gegründeten Deutschen Turnerschaft an. Einheitliche Turnerkleidung, Vereinsfahnen und der Wahlspruch Frisch, Fromm, Fröhlich, Frei verdeutlichten das Bekenntnis zur Gemeinschaft. Bereits 1861 wird die Melsunger Turngemeinde gegründet.

Auch im Raum Morschen kommt es zu Vereinsgründungen. Der Arzt Gerhard Sardemann aus Neumorschen und der in der Altmörscher Rohrweberei angestellte Ingenieur Gustav Giebel, beide begeisterte Turner, sind es, die in den ersten Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts einen überörtlichen Turnverein ins Leben rufen wollen.

Die Vereinsfahne: Vorderseite
Die Vereinsfahne: Vorderseite

Auf dem Matsko’schen Acker, zwischen der Fulda, der Überlandstraße von Bebra nach Kassel (heute B83) und der Ortsverbindung von Neu- nach Altmorschen, sollte nach ihren Vorstellungen eine Anlage mit Sportplatz und Turnhalle entstehen. Doch die Mörscher sind für diesen Plan nicht zu gewinnen. Zu groß sind die Rivalitäten links und rechts der Fulda.

Sardemann und Giebel, Georg Brendel und weitere Turnanhänger gründen daraufhin im Wicke’schen Gasthof den Altmörscher Turnverein „Gut Heil“, dem sich auch Turner aus Neumorschen anschließen.

Als Gründungstag ist der 12. Mai 1906 überliefert. Ein Jahr später, am 25. Mai 1907, kommt es auch zur Gründung des TSV Neumorschen. Gerhard Sardemann gilt auch als Gründer des Nachbarvereins.

Die Leitung des Altmörscher Turnvereins übernimmt der Straßenmeister Heinrich Schröder (* 1877), Bruder des Kaufmanns Carl Schröder. Heinrich Schröder verzieht später nach Melsungen und ist auch dort begraben.

Turnen (1.Turnwart Adolf Köthe) sollte für mehr als zehn Jahre die hauptsächlich ausgeübte Sportart im Verein bleiben. Dank einer Spende von 200 Mark durch Gerhard Sardemann können die erforderlichen Sportgeräte angeschafft werden.

Dass die Turner sich auch in anderen Disziplinen der „Leibesertüchtigung“ betätigen, belegt eine Ehrenurkunde von Hans Klein aus dem Jahr 1912. Im Jahr 1914 wird das Fest der Fahnenweihe begangen. Der stolze Preis von 350 Mark soll durch Spenden und Beiträge aufgebracht worden sein. Trotz aller Wirren der vergangenen Zeiten ist diese Fahne noch heute im Besitz des TSV Altmorschen.

Die Mitgliederzahl liegt in den ersten Jahren schon bei 150. Als Monatsbeitrag hat man in dieser Zeit 20-30 Pfennige zu zahlen.

Die Vereinsfahne: Rückseite
Die Vereinsfahne: Rückseite

Heimat des neuen Vereins ist der Wickenhof. Hier trifft man sich zum „gemütlichen Zusammensein“, feiert seine „Stiftungsfeste“ oder misst sich bei Turnwettkämpfen mit den Riegen der Vereine aus den benachbarten Dörfern, die man – mit Pferd und Wagen – auch zu Wettkämpfen besucht. Mit Beginn des Ersten Weltkrieges erlahmen die sportlichen Aktivitäten. Die Turner ziehen an die Front.

Auf der Vorderseite umrahmt der Name des Vereins das Emblem der Deutschen Turnerschaft mit den vier F. Gründungsjahr und Jahr der Fahnenweihe sind dokumentiert. Auf der Rückseite Turnvater Jahn mit dem Wahlspruch der Deutschen Turnerschaft.

Quelle: Buch 100 Jahre TSV Altmorschen